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Art des Zwischenfalls

Aufgrund Nichtverfügbarkeit sowohl des regulären NEF als auch des Ersatz- NEF wurde der ILS ein KTW als NEF- Ersatz gemeldet. Die ILS informiert daraufhin die Rettungswache, dass ein NEF nicht einfach gegen einen KTW getauscht werden könne, weil ein Umschreiben nicht möglich sei. In der Schicht kam es dann zu der Situation, dass der RTW der betreffenden Rettungswache zu einem Notarzteinsatz im Ort alarmiert wurde, das disponierte NEF jedoch aus einem weiter entfernt gelegenen Standort kam, obwohl das „KTW-NEF“ als näher stationiertes Einsatzmittel verfügbar gewesen wäre.

 

Ursache

Kernproblem des Falls:
1) Funktion "Fahrzeugtausch" (Einsatzmittel (EM)-Tausch) in der ILS wurde nicht genutzt bzw. funktioniert nicht korrekt.
2) Management von Fahrzeugausfällen wurde nicht durchgeführt. Falls die Funktion EM-Tausch nicht benutzt wird bzw. nicht funktioniert, muss die ILS alternative Wege bereithalten.
3) CRM: In einem intakten Team (und das Team wird hier explizit bereichsübergreifend ILS UND RD gesehen!) muss im Rahmen eines CRM-Bewusstseins eine Lösung gefunden werden.

 

Fehlerbegünstigende Faktoren (nach London-Protokoll):

  • organisations‐ und managementabhängig:
    • Zum Management von Fahrzeugausfällen wird an dieser Stelle auf einen vergleichbaren Fall verwiesen: Anforderung S-RTW
  • aufgaben‐ und prozessabhängig:
    • Es gibt in ELDIS grundsätzlich die Funktion "Fahrzeugtausch" (EM-Tausch). In dieser ist es möglich mit wenigen Schritten Einsatzmittel und deren Erreichbarkeit zu tauschen. Allerdings kann hier der Einsatzmittel-Typ und auch die Geräte nicht getauscht werden. Gerade letzteres ist aber für die Disposition (Einsatzmittelketten etc.) relevant. Eine Anpassung von Einsatzmittel-Typ und Beladeliste (Geräte) ist zeitaufwendig (ca. 30-45 Minuten) und kann von der Berechtigung in ELDIS nur durch ek-SysAdmin, SysAdmin und Stammdatenpflegern umgesetzt werden. Also "mal schnell" zum Dienstbeginn eines Rettungsmittels ist dies nicht machbar. Dazu kommt, dass die Funktion Einsatzmitteltausch fehleranfällig ist. Hierzu gab es bereits Meldungen in CIRS- Bayern. Wohl deshalb gibt es Leitstellen, die diese Funktion generell nicht nutzen.
      Die Funkkennung zu wechseln geht ebenfalls systembedingt im Digitalfunk nicht so einfach wie noch zu Analogfunkzeiten. Die Kennung ist mit der Sicherheitskarte verknüpft. Ein Wechseln der Sicherheitskarten ist möglich, würde aber einen Siegelbruch (Karten sind im Funkgerät versiegelt) bedeuten und zum anderen muss ein Funkgerät eindeutig zugeordnet sein. Diese eindeutige Zuordnung stellt in der Regel das KfZ-Kennzeichen oder die FIN (Fahrzeugidentifikationsnummer) dar.
      Technisch gäbe es hierzu Lösungen, die aber im Rettungsdienst Bayern nicht flächendeckend verbreitet sind.
  • teamabhängig:
    • Die vom Berichtenden geschilderte "Verweigerungshaltung" der ILS, die Verwendung des KTW als NEF einfach zu ignorieren, ist wenig nachvollziehbar und als durchaus kritisch anzusehen und könnte auf Defizite in der Teamstruktur (TRM) innerhalb der ILS bzw. bereichsübergreifend zum Rettungsdienst hinweisen.

 

Fehlerhafter Vorgang:
Die Verwendung eines KTW als NEF lässt sich in der ILS nicht unproblematisch darstellen, da das Fahrzeug sehr aufwändig "umgeschrieben" werden muss (Fahrzeugtyp, Funkkennung, Erreichbarkeiten, etc.). Ein "Ignorieren" des mit einem Notarzt besetzten KTW führt dazu, dass Notarzteinsätze durch andere (weiter entfernte NEF) abgewickelt werden.

 

Vom AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahmen

  • Individuelle Lösung in der Situation: bei Erfordernis sollte in der ILS im Sinne einer konstruktiven Lösung entsprechend flexibel verfahren und notfalls auch einmal „händisch“ disponiert werden.
  • Die Funktion EM-Tausch sollte im Einsatzleitsystem vollumfänglich nutzbar sein. Hierbei sollten neben der Einsatzmittelkennung auch sämtliche Erreichbarkeiten und Funkkennungen - auch im Digitalfunk - getauscht werden können.
  • In den ILS sollte ein Management von Fahrzeugausfällen vorhanden sein. Mit dessen Hilfe können Mitarbeitende durch vorgeplante Prozesse in akuten Situationen entsprechend abgestimmt reagieren.
  • Es sollte eine Dienststelle "Werkstatt" auf dem ERM (ELDIS Ressource Manager - "Statusschirm") geschaffen werden, in die das nicht einsatzbereite Fahrzeug wachverlegt wird.

 

Diese Meldung wird inhaltlich verantwortet von F. Dax, T. Drevermann und M. Harrer.

 

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass nicht jede durch ein AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahme auch durch die Steuerungsgruppe unmittelbar beschlossen werden kann. Nach erfolgter Beratung über die vorgeschlagenen Maßnahmen bzw. deren Umsetzung und unter Berücksichtigung finanzieller oder rechtlicher Aspekte werden nötigenfalls Änderungen innerhalb der beteiligten Organisationen und Institutionen getroffen. Die Steuerungsgruppe ist in einem solchen Fall immer bemüht, durch Abwandlung der Interventionsmaßnahme eine Umsetzbarkeit herzustellen. Leider ist dies jedoch nicht in jedem Fall möglich.
Bitte beachten Sie auch, dass die Lösungsvorschläge nicht immer bzw. nicht immer zeitnah und in gleicher Form für ganz Bayern umgesetzt werden können.
Aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit sind die von der Steuerungsgruppe beschlossenen Maßnahmen nicht einzeln bei der jeweiligen Meldung aufgeführt, sondern als Übersicht unter Interventionsmaßnahmen.

Art des Zwischenfalls

Von einer Nachbar-ILS wird der S-RTW als Transportfahrzeug bei einem Notarzteinsatz angefordert, da dieser der nächste S-RTW ist. Anfahrt einfach ca. 40 km. S-RTW wird zugesagt. Anruf auf der entsprechenden Rettungswache erfolgt, dass die Besatzung eines RTW (Status 2) auf den S-RTW (Status 6) umsteigen soll. Nach 5 Minuten meldet die Besatzung, dass das Fahrzeug nicht einsatzbereit sei, da es leer geräumt ist.
Warum der eigene S-RTW der anfordernden ILS nicht genutzt wird, ist unbekannt.

 

Ursache

Kernproblem des Falls:
Der S-RTW wird in der Regelvorhaltung mit eingesetzt. Ist dieser nicht in Dienst (Status 6), muss eine andere diensthabende Besatzung umsteigen. Im vorliegenden Fall hat der Betreiber des S-RTW versäumt die ILS in Kenntnis zu setzen, dass das Fahrzeug generell nicht, auch zum Umsteigen, einsatzbereit ist. Ebenfalls fehlt aber auch ein Ausfall- / Abmeldemanagement in der ILS.

 

Fehlerbegünstigende Faktoren (nach London-Protokoll):

  • organisations‐ und managementabhängig:
    • S-RTW wird im Regeldienst eingesetzt im Wechsel mit RTW
    • S-RTW muss, wenn nicht im Dienst (Status 6), durch eine andere Besatzung mittels Umsteigen in Dienst genommen werden
    • Keine Information mittels ESWL an andere ILSen, wenn Fahrzeug gar nicht verfügbar ist (Status 6 + defekt / Werkstattaufenthalt o.ä.)
    • Ob der Status des S-RTW bayernweit übermittelt wird, ist nicht bekannt (auf freiwilligier Basis der ILS mittels eingeführten Major Release 3.5.3 in ELDIS 3BY möglich)
  • aufgaben‐ und prozessabhängig:
    • Ausfall- / Abmeldemanagement fehlt im Bereich der ILS
    • Betreiber des S-RTW meldet Fahrzeug nicht ab
  • arbeits‐ und umfeldabhängig:
    • Weder den Disponenten noch der diensthabenden Besatzung ist bekannt, dass der S-RTW nicht einsatzbereit ist
    • Klärung warum das Fahrzeug ausgeräumt war, wurde unterlassen
    • Klärung, ob es möglich gewesen wäre, den S-RTW schnell einsatzbereit zu machen, fehlte
  • individuell:
    • Warum der S-RTW der Einsatz führenden ILS nicht verwendet wurde ist ungeklärt und geht aus der Meldung nicht hervor.

 

Fehlerhafter Vorgang:
Weder der diensthabenden Besatzung, die auf den S-RTW umsteigen sollte, noch der Fahrzeug führenden ILS war bekannt, dass das Fahrzeug nicht einsatzbereit ist. Eine Meldung des Betreibers dieses Sonderfahrzeuges an die ILS und die eigenen Mitarbeiter gibt es nicht.

 

Erkennbar implementierte Barriere‐/Abwehrmechanismen:
Sowohl die Einsatz führende ILS, als auch die Fahrzeug führende ILS haben schnell miteinander kommuniziert und einen alternativen Plan umgesetzt.

 

Vom AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahmen

  • Es sollte ein Ausfall- / Abmeldemanagement eingeführt werden, so dass immer alle Beteiligten informiert sind. Dies erfolgt idealerweise per Formular oder Mail.
  • Zusätzlich sollte die Abmeldung per Bemerkung auf dem Fahrzeug im ERM (Statusschirm ELDIS Ressource Manager) hinterlegt werden (Briefkuvert). Diese Information wird ebenfalls mittels ESWL zumindest an die Nachbar-ILSen verteilt.
  • Schaffung einer Dienststelle "Werkstatt" auf dem ERM, in die das nicht einsatzbereite Fahrzeug wachverlegt wird.
  • Im Quartal 3/2019 wurde neben ESWL auch die Statusweiterleitung in Bayern eingeführt. Diese verteilt den taktischen Status mindestens an die benachbarten ILS. Mit Einführung des Major Release 3.5.3 in ELDIS 3BY wurde die bayernweite Statusverteilung eingeführt. Diese ist für Einsatzmittel mit überregionalen Einsatzwert bestimmt. Hier sollten generell Sonderfahrzeuge (S-RTW, V-RTW, VEF, ITW) mit überregionalen Interesse hinterlegt werden.
  • Die Entscheidung der ILSen, welche Fahrzeuge gemeldet oder nicht gemeldet werden, erscheint hier nicht zielführend. Dies sollte entsprechend einheitlich gehandhabt werden.

 

Diese Meldung wird inhaltlich verantwortet von T. Drevermann, F. Dax und M. Harrer.

 

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass nicht jede durch ein AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahme auch durch die Steuerungsgruppe unmittelbar beschlossen werden kann. Nach erfolgter Beratung über die vorgeschlagenen Maßnahmen bzw. deren Umsetzung und unter Berücksichtigung finanzieller oder rechtlicher Aspekte werden nötigenfalls Änderungen innerhalb der beteiligten Organisationen und Institutionen getroffen. Die Steuerungsgruppe ist in einem solchen Fall immer bemüht, durch Abwandlung der Interventionsmaßnahme eine Umsetzbarkeit herzustellen. Leider ist dies jedoch nicht in jedem Fall möglich.
Bitte beachten Sie auch, dass die Lösungsvorschläge nicht immer bzw. nicht immer zeitnah und in gleicher Form für ganz Bayern umgesetzt werden können.
Aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit sind die von der Steuerungsgruppe beschlossenen Maßnahmen nicht einzeln bei der jeweiligen Meldung aufgeführt, sondern als Übersicht unter Interventionsmaßnahmen.

 

Art des Zwischenfalls

Die ILS alarmiert ein Einsatzmittel (EM) für einen Einsatz. Nahezu gleichzeitig wurde dieses EM für einen weiteren Einsatz durch eine Nachbar-ILS ebenfalls alarmiert.

 

Ursache

Das hier dargestellte Fehlerbild gehört in den Bereich der Einsatz-Statusweiterleitung (ESWL).

Das EM wurde durch die EM-führende ILS für einen Einsatz disponiert und alarmiert. Technisch gesehen wurde mit Auslösung der Disposition, der Alpha-Status D (disponiert) im Einsatzleitsystem (ELS) vergeben. Mit der Alarmierung wurde der Alpha-Status im ELS auf A (alarmiert) gesetzt. Beim Wechsel vom Alpha-Status D auf A gibt es ein Zeitdelta von ca. 2-4 Sekunden, das durch die Synchronisierung auftritt. Leider ist dies technisch nicht abstellbar.

Wenn also genau in dieses Zeitdelta eine Disposition durch eine Nachbar-ILS erfolgt, wird das EM auf diesen Einsatz ebenfalls gebucht. Aufgrund einer dezentralen Systemarchitektur der ILS in Bayern wird hier eine Synchronisierung durch die EM-führende ILS ausgelöst. Diese wird technisch gesehen über den Bayern 1 Server im ILS Bayern VPN verteilt und die Nachbar-ILS bekommen dies dann aktualisiert mitgeteilt.

Das hier dargestellte Zeitdelta resultiert aus der Verteilung im Bayern 1 Server und ist technisch nicht lösbar, daher erfordert dies eine aktive Handlung des Rettungsdienst- oder ILS-Personals. Der Ansatz der ILS in Bayern ist in einem lokalen Aufbau der Betriebsinfrastruktur wiederzufinden.

Deshalb gibt es Zeitdelta von 2-4 Sekunden, welche den beschrieben Fall verursacht. Es ist technisch nicht möglich, diese Synchronisierungszeit zu dezimieren, da es dem lokalen Ansatz geschuldet ist.

 

Vom AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahmen

  • Sofern ein Rettungsmittel in einem nicht plausibel erscheinenden Zeitraum (z. B. unmittelbar hintereinander) zwei Alarmierungen zu unterschiedlichen Einsatzorten erhält, ist durch die Besatzung des Rettungsmittels umgehend Kontakt mit der alarmierenden ILS aufzunehmen.

 

Diese Meldung wird inhaltlich verantwortet von H. Mielke und R. Köhler.

 

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass nicht jede durch ein AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahme auch durch die Steuerungsgruppe unmittelbar beschlossen werden kann. Nach erfolgter Beratung über die vorgeschlagenen Maßnahmen bzw. deren Umsetzung und unter Berücksichtigung finanzieller oder rechtlicher Aspekte werden nötigenfalls Änderungen innerhalb der beteiligten Organisationen und Institutionen getroffen. Die Steuerungsgruppe ist in einem solchen Fall immer bemüht, durch Abwandlung der Interventionsmaßnahme eine Umsetzbarkeit herzustellen. Leider ist dies jedoch nicht in jedem Fall möglich.
Bitte beachten Sie auch, dass die Lösungsvorschläge nicht immer bzw. nicht immer zeitnah und in gleicher Form für ganz Bayern umgesetzt werden können.
Aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit sind die von der Steuerungsgruppe beschlossenen Maßnahmen nicht einzeln bei der jeweiligen Meldung aufgeführt, sondern als Übersicht unter Interventionsmaßnahmen.

 

Art des Zwischenfalls

Die Bergwacht wird aufgrund des Meldebildes „bewusstlose Person mit Verdacht auf Kreislaufstillstand“ zu einem Notarzteinsatz auf eine Forststraße alarmiert. Bei Einsatzübernahme durch den diensthabenden Einsatzleiter Bergrettung (EL-BR) läuft bereits die T-CPR. Der EL-BR lässt sich zunächst die Örtlichkeit "Forststraße" von der ILS bestätigen. Dass noch kein Notarzt alarmiert wurde, ist nicht Gegenstand der Unterhaltung, der Disponent wartet auf die entsprechende Anforderung. Erst nach ca. 5 min erfährt der Einsatzleiter dies auf Nachfrage und triggert dann verzögert die Alarmierung von Land-Notarzt und RTW zu dieser problemlos für Straßenfahrzeuge erreichbaren Einsatzstelle. Die ersteintreffende Bergwachtmannschaft, die sich zufällig an einer nahegelegenen Bergrettungswache befunden hatte, ist ca. 4 min vor dem Landrettungsdienst am Patienten.
Eine einsatzstrategisch vergleichbare Konstellation beschreibt eine ähnliche Meldung: Die ILS alarmiert den Einsatzleiter Bergrettung zu einer bewusstlosen Person auf dem Weg zu einer Berghütte, die „bekanntermaßen“ leicht mit dem PKW erreichbar ist. Der EL-BR nahm deshalb an, der Notarzt sei bereits mitalarmiert worden. Die ILS wiederum hat, obwohl klar als RD2 erkannt, gemäß Verfahrensanweisung nur den EL-BR alarmiert und auf weitere Anforderungen gewartet. Dass der zwingend erforderliche Notarzt noch nicht alarmiert war, war nicht Gegenstand des Übergabegespräches. Erst nachdem der EL-BR den Meldenden per Handy erreicht, erfährt er, dass es sich um eine laufende Reanimation handelt. Als er dies an die ILS rückmeldet und nach dem disponierten Notarzt fragt, erfährt er, dass noch kein Notarzt alarmiert sei. Die Verzögerung der Alarmierung von Notarzt und RTW beträgt auch hier etwa 5 min.

 

Ursache

Kernproblem des Falls:
Bei zeitkritischem Einsatz mit klarer Notarztindikation im unwegsamen Gelände wird aufgrund eines Kommunikationsproblems zwischen der ILS und dem alarmierten Einsatzleiter Bergrettung die Notarztalarmierung unnötig verzögert.

 

Fehlerbegünstigende Faktoren (nach London-Protokoll):

  • organisations‐ und managementabhängig:
    • Einsätze im Gebirge erfordern, dass die ILS auf externe Sachkunde des EL-BR zurückgreift
    • evtl. konkurrierende Kompetenzvorstellungen der beteiligten Institutionen (ILS, Einsatzleiter, bodengebundener Notarzt, Bergwacht-Notarzt, Landrettungsdienst, Bergrettung)
  • aufgaben‐ und prozessabhängig:
    • ggf. keine strukturierte Kommunikation im Rahmen der Erteilung des Einsatzauftrags
    • keine schriftliche SOP zum Inhalt des Alarmierungsgespräches zwischen ILS und Einsatzleiter Bergrettung
    • Vorgaben in unterschiedlichen, nicht in allen Punkten deckungsgleichen Dokumenten hinterlegt
  • arbeits‐ und umfeldabhängig:
    • komplexe Arbeitsumgebung Gebirge mit starker technischer Komponente
    • fließender Übergang über unwegsames Gelände in „Mischgebieten“ bis hin zur Straßenrettung mit vorrangig medizinischem Fokus
    • Örtlichkeit evtl. aufgrund mangelhafter Vorplanung, aber auch wetter- und jahreszeitenbedingt im Einzelfall oft nur schwer durch den Disponenten einzuschätzen
    • erschwerte Kommunikation mit dem Melder (Handynetz, Akku, emotionale Belastung etc.)
  • teamabhängig:
    • evtl. keine einheitliche/ „korrekte“ Vorstellung von Sicherheitskultur, „Speaking Up“ etc.
      • fehlendes gemeinsames mentales Modell
      • fehlende Formulierung der gegenseitigen Erwartungen, unausgesprochene Gedanken
    • Annahmefehler / Missverständnis über die (nicht) erfolgte Erstalarmierung
      • Stichwort "Notarzteinsatz" gefallen?
      • „T-CPR läuft“ gesagt oder nur gedacht?
      • „noch kein Notarzt alarmiert“ gesagt oder nur gedacht?
  • individuell:
    • ggf. differente Lagebewertung aufgrund individueller Unterschiede in der Ortskunde zwischen ILS-Disponent und EL-BR

 

Fehlerhafter Vorgang:
Ein ILS-Disponent führt ein Telefonat mit einem Melder und indiziert auf Grundlage der ihm vorliegenden Informationen einen Notarzteinsatz für eine bewusstlose Person. Aufgrund der Einsatz-Örtlichkeit im „unwegsamen Gelände“ alarmiert er den Einsatzleiter Bergrettung. Im Alarmierungs-Gespräch zwischen ILS und EL-BR wird offenbar nicht thematisiert, welche Rettungsmittel bereits alarmiert wurden bzw. dass noch kein Notarzt alarmiert wurde. Die Folge ist, dass es den beiden nicht gelingt, ein gemeinsames und zutreffendes mentales Modell herzustellen:

  • Der EL-BR nimmt vermutlich an, Notarzt und RTW seien bereits alarmiert.
  • Der Disponent nimmt vermutlich an, der EL-BR würde sich schon melden, wenn er entschieden hätte, welcher Notarzt alarmiert werden soll.
  • Die Frage des Einsatzleiters nach bereits aktivierten Rettungsmitteln unterbleibt zunächst.
  • Es fand offenbar keine weitere Re-Evaluierung seitens des Disponenten statt, obwohl er zu diesem Zeitpunkt der Einzige war, der sicher wissen konnte, dass noch keine Notarztalarmierung stattgefunden hat.
  • Es verstrichen 5 min, bis dieses Missverständnis aufgeklärt und der Notarzt aktiviert werden konnte.

 

Ergänzende Anmerkung:
Laut AVBayRDG leitet und koordiniert der Einsatzleiter Berg- und Höhlenrettung den Einsatz im Gebirge, im unwegsamen Gelände und in Höhlen, bis die verletzten, erkrankten oder hilflosen Personen an den Land- oder Luftrettungsdienst übergeben sind (§ 14 (3)). Zwar legt die Alarmierungsbekanntmachung (ABek) unter Punkt 2.4 fest, dass für o.g. Einsätze zunächst die zuständige Bergrettungswache und der EL-BR alarmiert wird, und im Falle des Vorliegens einer Notarztindikation der EL-BR festlegt, welcher Notarzt (Land-, Luft-, Bergrettung) zum Einsatz kommt.
Zugleich aber ist es dem Disponenten gemäß einer Empfehlung des Rettungsdienstausschusses Bayern zu Recht möglich, in Situationen, in denen an Hand des Meldebildes das Einsatzgeschehen völlig klar ist, der Patient dringendst einer notärztlichen Hilfe bedarf (s. Diagnosen Feld 1 der 4-Felder-Matrix), die Lokalität bekannt ist, keine Witterungsgründe dagegen sprechen und ein Absetzen der medizinischen Besatzung sicher möglich ist, bereits parallel zum Einsatzleiter Bergrettung das arztbesetzte (Luft-) Rettungsmittel zu alarmieren (Seite 10 dieser Empfehlung). Falls innerhalb kurzer Frist kein Erstkontakt zum EL-BR hergestellt werden kann, alarmiert die ILS vorläufig die aus ihrer Sicht notwendigen und geeigneten Rettungsmittel (vgl. IMS ID3-2287.10-74 vom 27.12.2013).

Sowohl die Pluralität der Vorgaben als auch der zusätzliche Kommunikationsbedarf bergen Potenzial für die Missverständnisse, wie die hier diskutierten CIRS-Fälle eindrucksvoll demonstrieren:
Im rettungsdienstlichen „Normalfall“ außerhalb unwegsamen Geländes hätte ein vergleichbares Notrufgespräch direkt zu einem „Notarzteinsatz, RD2“ mit entsprechender Alarmierung geführt. Man muss unterstellen, dass dies auch dem EL-BR bewusst ist, der möglicherweise die problemlos zugängliche Einsatzstelle so gut kennt, dass er von vornherein von einer bereits erfolgten RTW- und Notarzt-Alarmierung ausgeht (Stichwort „höchste Dringlichkeit“ im Rahmen der 4-Felder-Matrix, s. oben). Ganz sicher hätte die ILS-seitige Nachfrage „Notarztindikation, welchen Notarzt soll ich alarmieren?“ zur unverzüglichen Klärung beigetragen. Es ist nicht erkennbar, ob und ggf. wann die ILS von sich aus die Notarzt-Alarmierung vorantreibt bzw. vorangetrieben hätte. Aber auch der Einsatzleiter Bergrettung hätte sich hier primär versichern müssen, welche Rettungsmittel bereits alarmiert sind.

 

Erkennbar implementierte Barriere‐/Abwehrmechanismen:
Die erste Kontaktaufnahme von ILS und EL-BW hat offenbar nicht zu einem gemeinsamen mentalen Modell der Einsatzsituation geführt. Nach der Entscheidungsfindung durch den EL-BR wird die Erstalarmierung jedoch geklärt. Die ILS hat mittels T-CPR das therapiefreie Intervall überbrückt. Durch die Nähe von Bergwachteinsatzkräften kann zudem die Alarmierungsverzögerung teilweise abgepuffert werden.

 

Vom AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahmen

Es handelt sich bei den beschriebenen Fällen um klassische Schnittstellenprobleme, hier an der Schnittstelle ILS <-> Einsatzleiter, denen am ehesten mit einer standardisierten Kommunikation und der Anwendung von CRM/TRM-Prinzipien beizukommen sein dürfte.

  • Dabei sollte, z.B. unter Nutzung standardisierter Schemata wie SBAR, sichergestellt werden, dass folgende Gesprächsinhalte transferiert werden:
    • eindeutige Benennung der medizinischen Einsatzkonstellation (unverletzt, rein technische Rettung/ Notfalleinsatz/ Notarzteinsatz mit entsprechender Priorität)
    • eindeutige Benennung der bereits erfolgten Alarmierungen und insbesondere auch der noch nicht alarmierten, aber als zwingend erachteten medizinischen Kräfte (insbesondere Notarzt)
    • Betonung der Notwendigkeit, bei akutem, nicht adressiertem Handlungsbedarf bzw. nicht plausibel erscheinenden Konstellationen diese(n) konkret anzusprechen und gemeinsam Lösungen zu finden („Speaking Up“). Dieses „Speaking Up“ sollte selbstverständlicher und wertgeschätzter Teil von Alarmierungsgespräche und laufender einsatzbezogener Kommunikation bis Einsatzende sein.
  • Es erscheint empfehlenswert, eine gemeinsame SOP für den Alarmierungsablauf zu erstellen, zu implementieren und zu beüben.
  • Ergänzend könnte es sinnvoll sein, die sog. Mischgebiete so weit als möglich vorzuplanen. Hierbei ist zu beachten ist, dass die Befahrbarkeit insbesondere nicht oder inkonstant geräumter Forststraßen v.a. in Übergangszeiten durch die ILS praktisch nicht einzuschätzen ist und im Zweifel immer der EL-BR, ausgestattet mit allen erforderlichen medizin-strategischen Informationen, der primäre Ansprechpartner bleiben dürfte und müsste.

 

Diese Meldung wird inhaltlich verantwortet vom Leiter des AAT 7, PD Dr. M. Dittmar, in Abstimmung mit Vertretern der Bergrettung und ILS im AAT von cirs.bayern.

 

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass nicht jede durch ein AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahme auch durch die Steuerungsgruppe unmittelbar beschlossen werden kann. Nach erfolgter Beratung über die vorgeschlagenen Maßnahmen bzw. deren Umsetzung und unter Berücksichtigung finanzieller oder rechtlicher Aspekte werden nötigenfalls Änderungen innerhalb der beteiligten Organisationen und Institutionen getroffen. Die Steuerungsgruppe ist in einem solchen Fall immer bemüht, durch Abwandlung der Interventionsmaßnahme eine Umsetzbarkeit herzustellen. Leider ist dies jedoch nicht in jedem Fall möglich.
Bitte beachten Sie auch, dass die Lösungsvorschläge nicht immer bzw. nicht immer zeitnah und in gleicher Form für ganz Bayern umgesetzt werden können.
Aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit sind die von der Steuerungsgruppe beschlossenen Maßnahmen nicht einzeln bei der jeweiligen Meldung aufgeführt, sondern als Übersicht unter Interventionsmaßnahmen.

 

Art des Zwischenfalls

Die Fahrzeugbesatzung wird mit einer Heimfahrt aus einer Nothilfe in eine Demenz-Wohngruppe beauftragt. Nach der Nennung des Patientennamens führt eine Pflegekraft die Besatzung zu einem dementen, bettlägerigen und nicht kommunikationsfähigen Patienten. Die Pflegekraft ist sich sicher, dass es sich um den richtigen Patienten handelt. Den Grund für die Behandlung kann sie nicht nennen, da ihre Schicht gerade erst begonnen hätte und die Übergabe lückenhaft gewesen sei. Die Pflegekraft holt die andernorts aufbewahrten Patientenunterlagen. Der auf dem Arztbrief und Transportschein stehende Name stimmt mit dem Patientennamen, welcher von der Leitstelle gemeldet war, überein. Erste Zweifel über die Patientenidentität kommen auf, da der Patientenzustand für das Leben in einer Demenz-WG nicht recht passend erscheint. Beim Überfliegen des Arztbriefes fällt weiterhin auf, dass die Ausführungen nicht zu den offensichtlichen Befunden am Patienten passten. Somit erhärten sich die Zweifel über die korrekte Identität des Patienten. Nach einem Vergleich mit dem Lichtbild der Versicherungskarte kann der Verdacht, dass es sich um den falschen Patienten handelt, bestätigt werden. Der richtige Patient wird in einem anderen Behandlungsraum der Nothilfe aufgefunden und kann nach Hause transportiert werden.

 

Ursache

Kernproblem des Falls:
Beinahe-Patientenverwechslung durch Klinikpersonal im Rahmen eines Krankentransports.

 

Fehlerbegünstigende Faktoren (nach London-Protokoll):

  • organisations‐ und managementabhängig:
    • Keine erkennbare Nutzung von eindeutigen Patientenidentifikatoren (z.B. Patientenarmbändern) durch das abgebende Krankenhaus
  • aufgaben‐ und prozessabhängig:
    • Trennung von Patient und dessen Unterlagen in der Klinik
  • arbeits‐ und umfeldabhängig:
    • Offenbar keine detaillierte Übergabe zu dem bereits fertig behandelten und entlassbereiten Patienten.
  • teamabhängig:
    • Unvollständige Übergabe bei Schichtwechsel innerhalb des Klinikpersonals.
  • patientenabhängig:
    • Demenz beider involvierter Patienten und damit zusammenhängende Unmöglichkeit, sich selbst zu identifizieren.

 

Fehlerhafter Vorgang:
Dem Rettungsdienst wird bei Übergabe vom Klinikpersonal ein falscher Patient zugewiesen. Dies wird u.a. durch die vorliegende Demenz beider involvierter Patienten und die fehlende Patientenkennzeichnung in der Klinik begünstigt.

 

Ergänzende Anmerkung:
Durch große Aufmerksamkeit der Rettungsdienstbesatzung und dem konsequenten Verfolgen aufkommender Zweifel wird die Beinaheverwechslung rechtzeitig entdeckt. Die Gesundheitskarte mit Foto erlaubt die definitive Identitätsprüfung. Als glücklicher Umstand kommt eine offensichtliche Diskrepanz zwischen den am Patienten offensichtlichen Befunden und den Inhalten des Arztbriefs hinzu.

Die Übergabe des korrekten Patienten an den Rettungsdienst liegt im Verantwortungsbereich der abgebenden Einrichtung, so dass die Fahrzeugbesatzungen im Sinne einer horizontalen, vertraulichen Arbeitsteilung hierauf grundsätzlich vertrauen dürfen. Eine gänzliche Neuermittlung der Personalien durch den RD ist an dieser Stelle abzulehnen und würde ein für das Krankenhaus per se zu forderndes QM in Sachen Patientenidentifikation ad absurdum führen.

 

Vom AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahmen

  • Sobald geringste Zweifel an der Patientenidentität aufkommen, sind aktive Bemühungen zur Ausräumung dieser Unklarheiten unerlässlich. Besondere Vorsicht ist in diesem Zusammenhang u.a. geboten wenn
    • der Patient selbst keine Auskunft geben kann
    • der Patient nicht eindeutig gekennzeichnet ist (z.B. durch Patientenarmband)
    • Unterlagen getrennt vom Patienten aufbewahrt werden
    • offensichtliche Kenntnislücken beim übergebenden Personal bestehen
    • das Transportziel bei einer Heimfahrt von der Wohnadresse lt. Gesundheitskarte abweicht und/oder
    • der Patientenzustand nicht zum Transportziel passt.
  • Eine definitive Identifikation ist in der Regel durch den Abgleich mit dem Portrait auf der elektronischen Gesundheitskarte möglich. Allerdings kann das Konterfei insbesondere bei bettlägerigen Patienten auch fehlen. Idealerweise macht es sich jeder Mitarbeiter zur Gewohnheit, vor dem Einlesen der Karte in das elektronische Dokumentationssystem einen prüfenden Blick auf das Patientenfoto zu werfen.
    Anmerkung: Der Abgleich mit den Inhalten des Entlassbriefs ist in der Regel nicht möglich, da aus Datenschutzgründen viele Kliniken dem Rettungsdienst nur die für die sachgerechte Betreuung des Patienten während des Transports relevanten klinischen Angaben offenbaren.
  • Lassen sich die Zweifel nicht befriedigend ausräumen, darf der Patient nicht übernommen werden.
  • Die Ausführungen gelten analog auch für den Fall einer Verwechslung der Patientenunterlagen.
  • Aufgrund des Fokuses von cirs.bayern auf den Rettungsdienst erfolgt an dieser Stelle keine detaillierte Analyse mit Ausarbeitung von Empfehlungen aus der Sicht der abgebenden Klinik. Diese CIRS-Meldung sollte stattdessen an ein einschlägiges CIRS-System für den stationären Sektor weitergeleitet werden.

 

Diese Meldung wird inhaltlich verantwortet vom Leiter des AAT 6/7, PD Dr. M. Dittmar.

 

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass nicht jede durch ein AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahme auch durch die Steuerungsgruppe unmittelbar beschlossen werden kann. Nach erfolgter Beratung über die vorgeschlagenen Maßnahmen bzw. deren Umsetzung und unter Berücksichtigung finanzieller oder rechtlicher Aspekte werden nötigenfalls Änderungen innerhalb der beteiligten Organisationen und Institutionen getroffen. Die Steuerungsgruppe ist in einem solchen Fall immer bemüht, durch Abwandlung der Interventionsmaßnahme eine Umsetzbarkeit herzustellen. Leider ist dies jedoch nicht in jedem Fall möglich.
Bitte beachten Sie auch, dass die Lösungsvorschläge nicht immer bzw. nicht immer zeitnah und in gleicher Form für ganz Bayern umgesetzt werden können.
Aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit sind die von der Steuerungsgruppe beschlossenen Maßnahmen nicht einzeln bei der jeweiligen Meldung aufgeführt, sondern als Übersicht unter Interventionsmaßnahmen.

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