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Veröffentlichung des Falls am 24.06.2019

Art des Zwischenfalls

Alarmierung NEF und RTW zum Meldebild "Bewusstlos". Der als erstes eintreffende RTW teilt sofort mit, dass an der mutmaßlichen Einsatzstelle kein Patient aufgefunden werden kann. Er fährt daraufhin in Rücksprache mit der ILS mehrfach die Einsatzstraße auf und ab. Das NEF fährt, ebenfalls in Rücksprache mit der ILS andere in der Ortschaft gelegene mögliche Einsatzstellen ab. Nach mehreren Minuten vergeblichem Suchen teilt die ILS mit, dass sich der Einsatzort an einem anderen, ca. 25 km entfernten Ort befindet. Dieser Ort beginnt mit derselben Buchstabenfolge, ist aber phonetisch deutlich unterscheidbar.
Sofort wird ein anderer RTW an den neuen Einsatzort geschickt, das NEF bleibt nächstgelegenes notarztbesetztes Rettungsmittel und fährt den neuen Einsatzort ebenfalls an. Der RTW teilt nach Eintreffen am Einsatzort  sofort mit, dass es sich um eine laufende Reanimation handelt. Eine weitere Verzögerung ergab sich für das NEF dadurch, dass sich die neue Einsatzstelle nicht wie gemeldet befand, sondern ca. 500 m davon entfernt. Im Gespräch mit dem Anrufer stellte sich noch heraus, dass die Reanimationssituation durch die Leitstelle erkannt wurde und versucht wurde, eine Telefonreanimation anzuleiten.
Nach Ansicht des Meldenden hätte spätestens mit der ersten Meldung des RTW B, dass sich an der mutmaßlichen Einsatzstelle kein Patient befindet, die Disposition noch einmal überprüft werden müssen.

 

Ursache

Fehlerbegünstigende Faktoren (nach London-Protokoll):

  • organisations‐ und managementabhängig:
    • Ein Einsatzsachbearbeiter der ILS nimmt ein Notrufgespräch entgegen und ist im Anschluss mit T-CPR gebunden.
    • Eine weitere Absprache zwischen den Disponenten ist möglicherweise erschwert, da der Mitarbeiter in T-CPR vertieft ist.
    • Die Einführung eines Konzeptes zur "strukturierten Notrufabfrage" ist noch nicht umgesetzt.
    • Kurzfristige Verstärkungskonzepte zur Entlastung des Personals bei T-CPR sind kein Standard.
  • aufgaben- und prozessabhängig:
    • Fehlen einer strukturierten Notrufabfrage
    • Eine möglicherweise vorhandene Verfahrensanweisung zur abschließenden Wiederholung und Überprüfung wichtiger Einsatzdaten zusammen mit dem Anrufer wurde offenbar nicht ausgeführt.
  • individuell:
    • Der Einsatzsachbearbeiter hatte vermutlich erst im weiteren Gesprächsverlauf und durch neue Erkenntnisse die Verdachtsdiagnose Kreislaufstillstand gestellt. Zunächst wurde der Einsatz offenbar von ihm mit dem Schlagwort "Bewusstsein - vitale Bedrohung" weitergeleitet.
    • Es kann aus der vorliegenden Schilderung nicht beurteilt werden, wie genau die Einsatzdaten erfasst worden sind.
    • Denkbare Ursachen wären, dass falsche Daten aus dem Telefonbuch des ELS (Einsatzleitsystems) übernommen wurden oder der Mitteiler falsche Adressdaten angegeben hat. Weiterhin kann es durch Sprachbarrieren schlichtweg zu einem Hörfehler gekommen sein. Auch besteht die Möglichkeit, dass der Disponent bei der Ortssuche im Einsatzleitsystem versehentlich in einer Zeile verrutscht ist (gleiche Anfangsbuchstaben des Ortsnamens). Somit wurde möglicherweise unter dem falschen Ortsnamen und ggf. gleichen Straßennamen eine falsche Einsatzstelle im ELS generiert.
    • Es ist davon auszugehen, dass ein nochmaliger eindeutiger Adressabgleich mit dem Anrufer wohl ausgeblieben ist.

Fehlerhafter Vorgang:

  • Eine ILS entsendet unter dem Meldebild „Bewusstlos“ RTW und NEF zu einem falschen Einsatzort. Erst nachdem die Rettungsmittel in Rücksprache mit der ILS den Einsatzort eine längere Zeit vergeblich gesucht haben, teilt die ILS mit, dass der korrekte Einsatzort etliche Kilometer entfernt im Versorgungsbereich einer anderen Rettungswache, jedoch im Zuständigkeitsbereich des gleichen NEF liege.
  • Somit wurde der Einsatzort zunächst in der ILS fehlerhaft festgelegt.
  • Erst geraume Zeit nach erfolgter Rückmeldung der Rettungsmittel, dass sie die Einsatzstelle nicht finden konnten, konnte der korrekte Einsatzort durch die ILS ermittelt werden.

 

Vom AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahmen

  • Der Aufnahme von fehlerhaften Adressdaten bzw. Zahlendrehern kann der Einsatzsachbearbeiter durch ein sog. "read back" (wiedergeben) begegnen. Dies wird standardisiert in der Disponentenausbildung vermittelt. Der Disponent wiederholt demnach vor Beendigung des Telefonats alle wichtigen Adressdaten der Einsatzstelle und prüft somit die Richtigkeit der erhobenen Daten ab.
  • Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Rückrufnummer des Meldenden aufgenommen oder ggf. abgeglichen wird.
  • Die Suchfunktionen im Einsatzleitsystem müssen von den Disponenten beherrscht werden.
  • Daten aus dem Telefonbuch dürfen beispielsweise nicht unkritisch als Einsatzort übernommen werden, da sich ein Mitteiler unter Umständen nicht an diesem Ort befindet.
  • Der Disponent sollte bei Unklarheiten von der Möglichkeit der Kurzzeitdokumentation Gebrauch machen und ggf. den Notrufteilnehmer noch einmal telefonisch kontaktieren.
  • Durch die Etablierung einer „Strukturierten Notrufabfrage“ nach einheitlichem Protokoll und mit entsprechenden Sicherheitsmechanismen könnten Fehler reduziert werden.
  • Integrierte Leitstellen sollten von der Personalstärke her auf die Möglichkeit der T-CPR eingerichtet sein.

 

Diese Meldung wird inhaltlich verantwortet vom Leiter des AAT 3, Dr. C. Glaser.

 

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass nicht jede durch ein AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahme auch durch die Steuerungsgruppe unmittelbar beschlossen werden kann. Nach erfolgter Beratung über die vorgeschlagenen Maßnahmen bzw. deren Umsetzung und unter Berücksichtigung finanzieller oder rechtlicher Aspekte werden nötigenfalls Änderungen innerhalb der beteiligten Organisationen und Institutionen getroffen. Die Steuerungsgruppe ist in einem solchen Fall immer bemüht, durch Abwandlung der Interventionsmaßnahme eine Umsetzbarkeit herzustellen. Leider ist dies jedoch nicht in jedem Fall möglich.
Bitte beachten Sie auch, dass die Lösungsvorschläge nicht immer bzw. nicht immer zeitnah und in gleicher Form für ganz Bayern umgesetzt werden können.
Aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit sind die von der Steuerungsgruppe beschlossenen Maßnahmen nicht einzeln bei der jeweiligen Meldung aufgeführt, sondern als Übersicht unter Interventionsmaßnahmen.

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