Veröffentlichung des Falls am 02.08.2018

Art des Zwischenfalls

Laut Melder enthält das Chirurgische Set Bayern nur ein geteiltes Lochtuch und ein "Sicherheitsskalpell". Daher habe der Notarzt nur erschwert eine Thoraxdrainage anlegen können. Das Skalpell sei lt. Notarzt eher ungeeignet, da Schnitt nur schwerlich tief genug ausgeführt werden kann. Das geteilte Lochtuch führe zu schwieriger Abdeckung des "OP-Areals". Weiterhin sei aufgrund der Vorhaltung nur eines Lochtuches eine zweite Abdeckung bei einer eventuellen zweiten Thoraxdrainage nicht möglich.
Insgesamt führte dies zu einer deutlichen Zeitverzögerung der Maßnahmen.

Ursache

Laut Melder kannte kein Teammitglied das Chirurgische Set ausreichend, eine Schulung auf das Set nach dessen Einführung war nicht erfolgt.

Ob in dem Set eine falsche Skalpellgrösse verpackt war, kann nicht beurteilt werden.
In der Empfehlung für die Vorhaltung chirurgischer Instrumente auf Primärrettungsmitteln - „Chirurgisches Set Bayern“ kann unter 3.1 die Skalpellgrösse missverstanden werden. Abgebildet ist ein Skalpell der Grösse 20, die Bezeichung im Text lautet „gering bauchiges Skalpell (Fig. 20, Abb. 1)“ bzw. „Abb. 1: Skalpell Fig. 20 mit Griff“. In der Chirurgie wird üblicherweise für Schnitte durch Haut und Muskeln ein Skalpell der Grösse 10 verwendet, die Grösse 20 ist etwas grösser als die Grösse 10. Da in der CIRS-Meldung keine Größen- oder Herstellerangaben zu finden sind, kann man vermuten, dass in dem obigen Fall vielleicht ein zu kleines Skalpell verpackt worden ist.
Des Weiteren sind in dem Set zwar 2 Thoraxdrainagen der Grösse CH 20 und CH 28 enthalten, jedoch nur ein Lochtuch. Die empfohlene Vorhaltung von einem Set ist darauf ausgelegt, chirurgische Instrumente für die Durchführung von zwei Minithorakotomien/Thoraxdrainagen und/oder einer Koniotomie zu enthalten.
Anmerkung: Es ist bereits jetzt möglich, ein vorkonfektioniertes Set bei der H+DG zu bestellen.

Vom AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahmen

• Korrektur der Empfehlung für die Vorhaltung chirurgischer Instrumente auf Primärrettungsmitteln - „Chirurgisches Set Bayern“:
  • Ersetzen der Fig. 20 durch den Begriff Skalpell Grösse 20
  • Ausstattung mit statt bisher einem Lochtuch (entspricht 2 halben Lochtüchern) mit 3 Lochtücher (bzw. 6 halben Lochtüchern) mit Kleberand (z.B. 45x75 cm)
• Vorschlag der Zusammenstellung des Chirurgischen Sets Bayern im Zentralen Einkauf
• Zusammenstellung des Sets als fotographische Abbildung oder Video auf der ÄLRD-Homepage
• Ggf. Schulung des Rettungsdienstpersonals in der Anwendung und dem Gebrauch des Sets

Von der Steuerungsgruppe am 23.10.2018 beschlossene Interventionsmaßnahmen

• Über den Vorsitzenden der SG soll folgender Arbeitsauftrag an die AG 3 - Ausrüstung, Bevorratung und Beschaffung erteilt werden (Beschlussantrag RDA):Überarbeitung "Chirurgisches Set Bayern"
• Über den Vorsitzenden der SG soll folgender Arbeitsauftrag an die AG 3 - Ausrüstung, Bevorratung und Beschaffung und/oder AG 6 - Fortbildung erteilt werden (Beschlussantrag RDA): Die bestehende Empfehlung "Vorhaltung chirurgischer Instrumente" soll um ein Informationskonzept für Ärzte und RD-Personal zum Gebrauch des Chirurgischen Sets ergänzt werden.

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass nicht jede durch ein AAT vorgeschlagene Interventionsmaßnahme auch durch die Steuerungsgruppe beschlossen werden kann. Die Ursache hierfür ist in der Regel fehlende Umsetzbarkeit aus finanziellen oder rechtlichen Gründen. Die Steuerungsgruppe ist in einem solchen Fall bemüht, durch Abwandlung der Interventionsmaßnahme eine Umsetzbarkeit herzustellen. Auch dies ist jedoch nicht in jedem Fall möglich.