button cirs

Letzte Ergänzung: 22.09.2023: "Weiterhin Medikamentenverwechslungen"

 

Medikationsfehler

Bezüglich Medikationsfehler gehen in cirs.bayern immer wieder ähnlich gelagerte Meldungen ein. Die hierbei beschriebenen Ereignisse und Lösungsvorschläge bzw. -ansätze wurden bereits in anderen "älteren" Meldungen (s. Themencluster "Medikamente") ausführlich dargestellt. Daher werden an dieser Stelle die weiteren CIRS-Fälle zum Thema Medikamenten- und Medikationsfehler zusammengefasst dargestellt, wobei auf eine ausführliche Analyse verzichtet und Strategien zur Vermeidung dieser Fehler in den bearbeiteten Meldungen ggf. nur kurz beschrieben sind. Zur besseren Übersicht ist stattdessen im Anschluss an die Fallberichte ein MEMO Sichere Medikamentengabe im Rettungsdienst eingestellt. Anregungen und Kommentare zu dieser Checkliste können Sie gerne an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! senden.

Bezüglich ähnlich aussehnender und/oder ähnlich klingender Medikamente (look-alike/sound-alike) mit Verwechslungsrisiko sei auf das LASA-Meldeportal verwiesen. Dort können entsprechende Medikamente erfasst und in der Medikamentenliste eingesehen werden.

 

Weiterhin Medikamentenverwechslungen

Bericht:
In cirs.bayern gehen nach wie vor Meldungen ein, dass Medikamente verwechselt wurden. Zum Teil waren die Medikamente im Ampullarium an falscher Stelle eingesteckt oder wurden aus unterschiedlichen Gründen (wie unklare Kommunikation, Unaufmerksamkeit) falsch aufgezogen.

Anmerkung:
Selbstverständlich können Medikamentenverwechslungen aus unterschiedlichen Gründen passieren und sind nicht vollständig auszuschließen. Sehr bedenklich erscheint jedoch die Tatsache, dass bei einigen Ereignissen keine (suffizienten) Maßnahmen wie z. B. Einsatz einer Checkliste, 4-Augen-Prinzip o.ä. erfolgten und die - in allen Fällen vermeidbare - Medikamentenverwechslung daher vor Verabreichung nicht auffiel.

Daher sei nochmals auf das überarbeitete MEMO Sichere Medikamentengabe im Rettungsdienst verwiesen; die Anwendung dieser oder einer anderen Hilfestellung zur Vermeidung von Medikationsfehlern wird seitens cirs.bayern dringend empfohlen. Diese Notwendigkeit belegen zudem CIRS-Berichte, bei denen durch Einsatz entsprechender Maßnahmen die Verwechslung vor Verabreichung bemerkt werden konnte und es somit nicht zu einer tatsächlichen Patientengefährdung kam.

 

Look-alike Amiodaron und Metoprolol

Bericht:
In einem Rettungsdienstbereich werden aufgrund häufig wechselnder Medikamentenhersteller aktuell zwei Medikamente mit großer Verwechslungsgefahr – gerade unter Zeitdruck – vorgehalten: Metoprolol und Amiodaron (s. Foto).

Anmerkung:
Diese „LASA-Kombination“ (look-alike/sound alike-Medikamente) sei nochmals zum Anlass genommen, auf die hohe Verwechslungsgefahr sehr ähnlich aussehender/klingender Medikamente hinzuweisen. Im LASA-Meldeportal können entsprechende Medikamente erfasst und in der Medikamentenliste eingesehen werden.
Der Berichtende merkt hierzu noch an, dass sich eine Verwechslung generell durch Kontrolle vor Verabreichung (wie 4-Augen-Prinzip/double check) vermeiden lässt (s. auch Checkliste Medikamentengabe). Die bestehenden Medikamente wurden zudem durch die anderer Hersteller ersetzt und die Mitarbeiter informiert.

 

Morphin steckt bei Heparin

Meldung:
Bei einem Einsatz wurden Heparin und Morphin verabreicht. Beim anschließenden Auffüllen des Ampullariums des Notfallrucksacks wurde Morphin versehentlich in den Steckplatz für Heparin eingefügt und umgekehrt. Dies fiel jedoch im weiteren Verlauf der Besatzung auf, so dass die Verwechslung behoben werden konnte. Außerdem wurden alle Mitarbeiter diesbezüglich informiert, um diese hinsichtlich der potentiellen Verwechslungsgefahr zu sensibilisieren.

Anmerkung:
Medikamentenverwechslungen stellen eine häufige Ursache von Medikationsfehlern dar, diverse weitere Beispiele hierzu finden sich auch auf dieser Seite. Neben der Wichtigkeit der doppelten Kontrolle vor der Verabreichung eines Medikaments stellt auch das korrekte Auffüllen des Ampullariums (richtiges Medikament an der richtigen Stelle) eine wichtige Barriere zur Vermeidung von Medikamentenverwechslungen dar. Problematisch gerade im Rettungsdienst ist, dass das Auffüllen nicht selten unter Zeitdruck (Folgeeinsatz etc.) erfolgen muss. Dennoch oder gerade deshalb sollte umso mehr darauf geachtet werden, nicht schon hierbei den Weg für eine Medikamentenverwechslung durch falsch angebrachte Ampullen zu bahnen; idealerweise sollte auch beim Auffüllen das 4-Augen-Prinzip angewendet werden oder zumindest „Cross-Check“ Beschriftung Ampulle stimmt mit Beschriftung Steckplatz überein.

Speziell zu dieser Meldung noch der Hinweis, dass laut der Empfehlungsliste Medikamente des Rettungsdienstausschuss mittlerweile Heparin 25.000 IE / 5 ml-Ampullen vorgehalten werden sollen, so dass auch keine Verwechslungsgefahr mehr mit 1 ml-Morphin-Ampullen bestehen dürfte.

 

Medikamente in Plastikampullen

Auf Grund einer Meldung zur potentiellen Medikamentenverwechslung möchten wir darauf hinweisen, dass neben Glucose 40% nicht nur Lösungsmittel wie Aqua ad iniectabilia und NaCl 0,9% in Plastikampullen vertrieben werden, sondern zunehmend auch Medikamente selbst (im konkreten Fall Rocuronium). Da diese Medikamente bisher nur in Glasampullen verfügbar waren, kann sich hierdurch eine erhöhte Verwechslungsgefahr ergeben. Umso wichtiger ist die genaue Prüfung und gegenseitige Kontrolle des zu applizierenden Medikamentes.

In diesem Zusammenhang verweisen wir nochmals auf die Checkliste Medikamentengabe im Rettungsdienst des Rettungsdienstausschuss Bayern und empfehlen dringend die Verwendung z. B. dieser Checkliste bei der Verabreichung von Medikamenten, um Medikationsfehler zu vermeiden.

 

Piritramid 7,5 mg/ml? - II

Meldung:
Beim Vorbereiten einer Kurzinfusion 100 ml NaCl 0.9% mit 7,5 mg Piritramid (im Rahmen einer „2c“-Maßnahme) wurde die komplette Ampulle (Vorhaltung 15 mg/2ml) in die 100ml NaCl 0.9% gegeben. Bei der Kontrolle mittels 4-Augen -Prinzip ist dieser Fehler aufgefallen und die fertig aufgezogene, jedoch fehlerhafte Kurzinfusion wurde verworfen und erneut mit richtiger Konzentration (7,5 mg Piritramid) hergerichtet.

Anmerkung:
Ähnlich wie bei einer weiteren Meldung („Piritramid 7,5 mg/ml?“, s. unten) wurde auch hier die 2 ml-Ampulle verwendet. Zwar unterscheidet sich die Konzentration pro ml nicht zwischen der 1 ml- und 2 ml-Ampulle, jedoch die Gesamtmenge an Piritramid (7,5 mg bzw. 15 mg). Folglich wären auch hier dem Patienten 15 mg Piritramid statt der beabsichtigten 7,5 mg verabreicht worden. Dies konnte jedoch – wie auch vom Melder explizit angemerkt - durch Einhaltung des 4-Augen-Prinzips verhindert werden. Wie bei nahezu allen Medikamentenmeldungen sei daher nochmals auf die Checkliste Medikamentengabe verwiesen.
Zudem sei darauf hingewiesen, dass sowohl laut RDA-Empfehlung zur einheitlichen Vorhaltung der Notfallmedikamente als auch in der Auflistung der Medikamente im Rahmen der Delegation gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2c NotSanG die 1 ml-Ampullen Piritramid vorgehalten werden sollen. Dies soll auch Verwechslungen, wie sie in den Meldungen geschildert wurden, vermeiden.
Falls auf Grund von Nichtverfügbarkeit der 1 ml-Ampullen ersatzweise die 2 ml-Ampullen beschafft werden müssen, sind alle Beteiligten hierüber unbedingt zu informieren.

 

Urapidil statt Aqua (?)

Meldung:
Im Rahmen einer Anaphylaxie will der Notarzt dem Patienten u. a. Prednisolon verabreichen. Er lässt sich die Prednisolon-Ampulle zeigen, besteht jedoch nicht darauf, auch noch die Ampulle des Lösungsmittels angereicht zu bekommen. Nach medikamentöser Behandlung ist die Symptomatik im weiteren Verlauf deutlich rückläufig und der Patient kreislaufstabil, wobei der Patient auf dem Transport hypotone Blutdruckwerte aufweist, die jedoch mit der Anaphylaxie in Verbindung gebracht werden.
Erst beim Auffüllen des Ampullariums nach dem Einsatz fällt dem Team auf, dass noch alle 5 ml Aqua Lösungsmittelampullen für das Prednisolon vorhanden sind, aber eine Ampulle Urapidil, die üblicherweise neben dem Prednisolon angeordnet ist, fehlt. Auch wenn lt. Melder nicht mit letzter Sicherheit geklärt werden konnte, ob tatsächlich Urapidil als Lösungsmittel verwendet wurde, erscheint dies wahrscheinlich.

Anmerkung:
Vom Melder wird selbst angemerkt, dass neben der Kontrolle der Medikamentenampulle auch immer an die Kontrolle des Lösungsmittels gedacht und dem Notarzt die Ampulle des Lösungsmittels gezeigt werden sollte. Dies kann nur nochmals unterstrichen werden, hierdurch hätte sich der Medikationsfehler sicherlich vermeiden lassen. Daher auch nochmals der Verweis auf die Checkliste Medikamentengabe.
Andere Aspekte, die eine Medikamentenverwechslung begünstigen können wie Anordnung der Medikamente im Ampullarium und häufiger Herstellerwechsel lassen sich bayernweit leider nicht einheitlich lösen. Grund hierfür sind insbesondere die lokal sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich Beschaffungswegen und Verfügbarkeit Medikamente und auch dadurch bedingte unterschiedliche Vorhaltungen, Restbestände, Lagerungsformen, etc. sowie generelle Verfügbarkeitsprobleme/mangelnde Alternativen von Medikamenten.

 

Piritramid 7,5 mg/ml?

Meldung:
Der Notarzt möchte zur Analgesie Piritramid verabreichen und bittet den RD-Mitarbeiter, gleich zwei 1 ml-Ampullen à 7,5 mg aufzuziehen. Die aufgezogene Spritze wird dem Notarzt angereicht, die Ampulle kann wegen räumlicher Enge nicht gezeigt werden. Der Notarzt bemerkt vor der Gabe, dass 4 ml aufgezogen wurden anstelle der angeforderten 2 ml. Auch auf mehrfache Nachfrage, ob nicht 30 mg (statt 15 mg) aufgezogen wurden, liest der RD-Mitarbeiter nochmals auf der Ampulle nach und erwidert, dass es nicht 7,5 mg/ml Piritramid seien sondern 7,5 mg pro Ampulle und demzufolge insgesamt 15 mg Piritramid in 4 ml. Dem Notarzt kommt dies zwar weiterhin seltsam vor, er verabreicht aber titrierend Piritramid, woraufhin der Patient ungewöhnlich schnell schläfrig wird. Im weiteren Verlauf sieht sich der RD-Mitarbeiter nochmals die Ampulle an und bemerkt nun, dass es doch nicht 7,5 mg Piritramid pro Ampulle, sondern 7,5 mg/ml sind und somit 30 mg Piritramid aufgezogen waren und der Patient die doppelte Dosis als vorgesehen erhalten hatte.
Im Nachhinein hatte sich herausgestellt, dass fälschlicherweise 2 ml-Ampullen (mit 15 mg Piritramid statt 1 ml-Ampullen mit 7,5 mg) geliefert worden waren und diese Information nicht weitergegeben worden war. Außerdem schlägt der Melder vor, immer Ampullen mit Abziehettikett zu verwenden.

Anmerkung:
Auch diese Meldung verdeutlich die Wichtigkeit, bei der Verabreichung von Medikamenten wie z. B. in der Checkliste Medikamentengabe aufgeführt vorzugehen und eine gegenseitige Kontrolle durchzuführen. Auf diese wurde im vorliegenden Fall (zwar nachvollziehbar) wegen ungünstiger räumlicher Verhältnisse verzichtet, dennoch sollten auch widrige Umstände nicht dazu verleiten, den Check zu unterlassen. Zudem hatte der Notarzt ein "schlechtes Gefühl", dass etwas nicht stimmen könnte und äußerte dies mehrfach, was letztendlich zur Aufdeckung der Fehldosierung führte. Es sei diesbezüglich nochmals auf die Wichtigkeit hingewiesen, dass jeder im Team sicherheitsrelevante Bedenken jederzeit äußern kann und dass hierauf idealerweise reagiert wird, bevor weitere Maßnahmen erfolgen.
Der sinnvoll erscheinende Vorschlag, immer Abziehetiketten zu verwenden, kann wegen der heterogenen Beschaffungswege und der Einschränkungen durch die Beschaffung / Verfügbarkeit derzeit leider nicht umgesetzt werden.

 

Nicht kommunizierte Medikamentenumstellung

Meldung:
Im Rahmen einer Medikamentenumstellung des Ampullariums auf den RTWs (u.a. Midazolam 5mg/5ml auf 15mg/3ml) wurde das standardmäßig im Rucksack vorgehaltene MAD-Set ("mucosal atomization device") inkl. dem zugehörigen Midazolam (5mg/1ml) entfernt; das RD-Personal wurde davon jedoch nicht in Kenntnis gesetzt.
Bei einem Patienten mit Krampfanfall fand die Besatzung somit den MAD nicht am üblichen Aufbewahrungsort und konnte keine nasale Medikamentenapplikation vornehmen, außerdem bemerkte sie erstmalig die geänderten Midazolam-Ampullen.

Anmerkung:
Jegliche Änderungen, gerade hinsichtlich Medikamentenbestückung, müssen umgehend und rechtzeitig vor Umsetzung allen Beteiligten kommuniziert werden. Eine ähnliche Meldung ist weiter unten bei Midazolam 15 mg vs. Midazolam 5 mg nachzulesen.

 

Wieviel ist im Perfusor?

Meldung:
Zwar ein Fall aus der Klinik, nichtsdestotrotz genauso relevant für den Rettungsdienst:
Es wurde ein Heparinperfusor von einer neuen Pflegekraft mit für die Station unüblicher hoher Konzentration aufgezogen. Beschriftung der Spritze jedoch wie sonst üblich mit geringerer Konzentration durch vorgedruckte Etiketten. Der Gerinnungswert war ungewöhnlich hoch, auch in der Kontrolle. Der Heparinperfusor wurde pausiert und in der nächsten Schicht neu aufgezogen, dann wieder normale Gerinnungswerte. Das Ereignis wiederholte sich dreimal bevor in Erwägung gezogen wurde, dass ein fehlerhaftes Aufziehen des Heparinperfusors die Ursache sein kann.
Vom Melder wird noch angeführt, dass der neuen Pflegekraft nur die von ihr vorbereitete Konzentration geläufig war; außerdem war sie sich so sicher, die richtige Konzentration aufgezogen zu haben, dass sie die schriftliche Anordnung des Aufziehens der auf der Station üblichen Konzentration überlesen hatte.

Anmerkung:
Auch wenn oder gerade weil im Rettungsdienst der Einsatz von Perfusoren nicht die Regel ist, sollten sich alle Beteiligten bei Einsatz eines Perfusors im Klaren sein, welches Medikament in welcher Menge in der Perfusorspritze ist und dies kontrollieren (s. auch Checkliste Medikamentengabe). Dies gilt für das Aufziehen beim Notfalleinsatz genauso wie bei der Übernahme eines Patienten in der Klinik.
Und auch bei der Verdünnung eines Medikaments zur Bolusgabe kann es sein, dass Rettungsdienstmitarbeiter und Notarzt unterschiedliche Verdünnungen „gewohnt“ sind und daher die gewünschte Konzentration klar kommuniziert und rückbestätigt werden soll.

 

 

ASS + Flumazenil 

Meldung:
Eine weitere Meldung bezüglich Verwechslung Lösungsmittel für die ASS-Trockensubstanz: Die ASS-Ampulle war in diesem Fall mit Flumazenil zusammengebunden (s. Foto). Dies fiel bei der Fahrzeugkontrolle auf, es wurde Flumazenil mit "Wasser für Infusionszwecke" ersetzt.
Laut Melder haben sich möglicherweise sowohl die mit Gummiband am ASS befestigte Aqua-Ampulle gelöst als auch das in den Gummischlaufen im Apullarium befindliche Flumazenil. Beim erneuten "Verbinden" der Aqua-Ampulle mit ASS könnte diese dann mit Flumazenil verwechselt worden sein.

 

 

ASS + Midazolam

Meldung:
Erneut wird berichtet, dass ASS nicht mit dem vorgesehenen Lösungsmittel, sondern diesmal mit Midazolam aufgezogen wurde. Die Midazolamampulle und die "Aqua"-Ampulle waren beim Auffüllen verwechselt und Midazolam mit ASS zusammengebunden, die Aqua-Ampulle fand sich im Ampullarium bei "Midazolam".
Da vor Verabreichung das "4-Augen-Prinzip" angewendet wurde, fiel die Verwechslung noch rechtzeitig auf.

Anmerkung:
Auch dieser Fall verdeutlicht nochmals die Wichtigkeit der gegenseitigen Kontrolle vor Verabreichung eines Medikaments, Details s. Checkliste Medikamentengabe. Außerdem sollte die Vorhaltung von sich sehr ähnlich sehenden Medikamenten soweit möglich vermieden werden bzw. sich alle Beteiligten der Verwechslungsgefahr bewusst sein. Diesbezüglich sei auch auf das Meldeportal Look-alike/sound-alike verwiesen.

 

Konzentration Noradrenalin-Perfusor

Meldung:
Bei der Versorgung eines Patienten im RTW ordnete der Notarzt an, einen Noradrenalin-Perfusor mit 0,1 mg/ml Noradrenalin vorzubereiten. Es wurde jedoch statt 5 ml Noradrenalin die ganze 25 ml Stechampulle in der Perfusorspritze aufgezogen und mit weiteren 25 ml NaCl gemischt. Dies entspricht somit nicht den angeordneten 0,1 mg/ml Noradrenalin, sondern einer 5fach höheren Konzentration (0,5 mg/ml). Da das aufgezogene Noradrenalin auf Grund der stabilen Kreislaufsituation des Patienten zunächst nicht verabreicht wurde und dem Notarzt im Verlauf des Einsatzes auffiel, dass die Noradrenalin-Ampulle komplett leer war, wurde die Perfusorspritze verworfen, eine Anwendung der zu hohen Konzentration am Patienten erfolgte somit nicht.

Anmerkung:
Der Melder weist selbst darauf hin, wie wichtig das „4-Augen-Prinzip“ ist (s. auch Checkliste Medikamentengabe: Spritze mit zugehöriger Ampulle Arzt zeigen, Anordnung wiederholen => Rückbestätigung und Prüfung durch Arzt => bei Unklarheit Spritze verwerfen), um derartige Fehler zu vermeiden bzw. vor Applikation des Medikaments aufzudecken.)
Laut Melder kam neben dem kritischen Zustand des Patienten und dem daraus entstehenden Handlungsdruck und Stress noch hinzu, dass durch Unklarheiten bei Beginn des Einsatzes von Anfang an Spannungen im Team vorhanden waren, was eine klare Kommunikation und Nachfrage bei Unsicherheiten deutlich erschwert hat. Diesbezüglich sei auf die Meldung Jeder darf sich äußern? verwiesen (lautes Aussprechen von Bedenken und akuten Fragen, „speaking up“).
Eine weitere Möglichkeit bei aktueller Unklarheit stellt das sogenannte „10- für 10-Prinzip (10 Sekunden für 10 Minuten)“ dar. So kann man z. B. bei auftretenden Problemen, unklaren Situationen, Erfolglosigkeit der Therapie/Zustandsverschlechterung des Patienten (fast) alle aktuellen Tätigkeiten am Patienten kurz unterbrechen (für die nächsten „10 Sekunden“), um im Team Informationen, Bedenken und Vorschläge zum weiteren Vorgehen einzuholen. Dann werden die nächsten Schritte besprochen und Aufgaben im Team verteilt. Dies ermöglicht ein koordinierteres Vorgehen (für die nächsten „10 Minuten“).

 

Midazolam 15 mg vs. Midazolam 5 mg

Meldung:
Durch die Umstrukturierung der Ampullarien im RD-Bereich wurde Midazolam 5mg/5ml durch Midazolam 15mg/3ml ersetzt (s. auch Empfehlung Medikamentenliste).
Bei einem Einsatz wollte der Notarzt eine Kurznarkose mit Midazolam durchführen. Da dann der Patient nicht mehr selbstständig atmete auch und zunächst auch nicht wieder aufklarte wurde festgestellt, dass die verabreichte Midazolam-Dosis des deutlich zu hoch war. Der Patient musste kurzzeitig assistiert beatmet werden, durch die Gabe des Antidots konnte die Situation schnell geklärt werden.

Anmerkung:
Vom Melder wird noch geschildert, dass trotz Kommunikation (vermutlich aus Gewohnheit) Midazolam in "alter Milliliter-Dosierung" (und damit in dreifach höherer Dosis als beabsichtigt) gegeben worden war.
Als Folge dieses Ereignisses wurde die Änderung des/der Medikaments/e nochmals kommuniziert.

Der geschilderte Fall unterstreicht die Wichtigkeit, Änderungen in der Medikamentenvorhaltung umgehend allen Beteiligten zu kommunizieren sowie die beispielsweise in der Checkliste Medikamentensicherheit aufgeführten Punkte bei der Medikamentenverabreichung im Rettungsdienst strikt einzuhalten.

 

Verwechslung Lösungsmittel

Meldung:
Erneut gibt es eine Meldung bezüglich Verwechslung Lösungsmittel für die ASS-Trockensubstanz. Die ASS-Ampulle war in diesem Fall zusammen mit Urapidil geklebt (s. Foto). Die Ampulle mit Wasser für Injektionszwecke hingegen war bei Urapidil einsortiert. Die Verwechslung fiel vor der Zubereitung auf, so dass ASS mit Aqua gelöst und die Urapidil-Ampulle an die korrekte Stelle im Ampullarium einsortiert wurde.

 

Identischer Deckel Trockensubstanz

Meldung:
Aufgrund beinahe identischer Trockensubstanzen - kleine Ampullen mit blauem Deckel - wurde das falsche Medikament vorbereitet. Beim Crosscheck wurde der Fehler jedoch bemerkt und das richtige Medikament vorbereitet und verabreicht.

Anmerkung:
Vom Melder wird noch angemerkt, dass alle anderen Ampullen auf dem blauen Deckel zusätzlich beschriftet wurden.

 

Salbutamol in doppelter Konzentration

Meldung:
Ein RTW wird mit einer anderen Hilfsorganisation bei Ausfällen gemeinsam genutzt. Hier wurde das Salbutamol verbraucht und anstatt der üblichen Konzentration (1,25 mg/Ampulle) ohne weitere Mitteilung/Hinweis Salbutamol 2,5 mg/Ampulle aufgefüllt.

Anmerkung:
Vom Melder wird noch angemerkt, dass den Mitarbeitern die unterschiedlichen Konzentrationen anscheinend nicht bekannt waren. Zwar ist auf beiden Salbutamol- Ampullen die Gesamtmenge 2,5 ml aufgedruckt, jedoch nur bei einer auch die Konzentration, so dass evtl. davon ausgegangen wurde, dass in beiden Ampullen 2,5 mg enthalten sind, ohne dies weiter zu verifizieren (s. Foto).
In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die Empfehlung für eine einheitlichen Vorhaltung der Notfallmedikamente verwiesen. In dieser Empfehlung ist auch die jeweilige Zusammensetzung/Konzentration der Medikamente aufgeführt, andere Konzentrationen sollten nicht vorgehalten werden, um Verwechslungen zu vermeiden. Ist dies im Einzelfall dennoch erforderlich, muss dies allen Beteiligten klar kommuniziert werden.

 

Wieviel Esketamin?

Meldung:
Beim Aufziehen von Esketamin wird übersehen, dass sich in der Ampulle 25 mg pro ml befinden und nicht 25 mg insgesamt. Daher wird die Spritze mit dem verdünnt aufgezonenen Esketamin falsch beschriftet und dem Patienten eine höhere Menge Esketamin als geplant verabreicht.

Anmerkung:
Hier zeigt sich neben den weiteren Kontrollmechanismen im Rahmen der Medikamentenverabreichung die Wichtigkeit, genau zu prüfen, welche Menge insgesamt in der jeweiligen Ampulle angegeben ist. Bei den gängigen Notfallmedikamenten ist häufig die Gesamtmenge auf der Ampulle angegeben (z. B. 40 mg/4ml), neben Esketamin gibt es aber noch weitere Medikamente, bei denen die Menge pro ml aufgeführt ist.

Ein ähnliches Ereignis wurde bereits in einer anderen Meldung bearbeitet

 

Verwechslung Buscopan - Bronchospasmin

Meldung:
Der Notarzt forderte Buscopan an, allerdings war in dem entsprechenden Fach Bronchospasmin eingeordnet. Der Fehler wurde bemerkt, nachdem der RA Bronchospasmin aufgezogen hatte und nochmals die Ampulle kontrollierte.

Anmerkung:
Laut Melder könnte Stress beim Auffüllen des Materials durch hohe Einsatzzahlen ursächlich sein für schnelles hektisches Auffüllen der Verbrauchsmaterialien mit Folge der Ampullenverwechslung.
Der Melder weist noch auf die Wichtigkeit der strikten Einhaltung der gegenseitige Kontrolle durch Notarzt und Mitarbeiter hin.

 

Verwechslung Lösungsmittel

Meldung:
Bei einem Einsatz wurde Acetylsalicylsäure (ASS) zur Verabreichung vorbereitet und die ASS-Trockensubstanz mit dem Lösungsmittel aufgelöst. Wie auch bei einigen anderen Fällen schon gemeldet, wurde hierfür aber nicht Wasser für Injektionszwecke verwendet.  In diesem Fall wurde ASS mit Xylocain aufgezogen. Da der der Melder, der auch das Medikament vorbereitet hatte, selbst die Ampullen vor Weitergabe an den Notarzt kontrollierte, fiel die Verwechslung sofort auf; es wurde umgehend eine neue Ampulle aufgezogen und verabreicht.

Anmerkung:
Der Melder weist darauf hin, dass sich die Notärzte häufig zwar das Medikament (Pulver) zeigen lassen, nicht jedoch die Ampulle, die zum Aufziehen verwendet wurde. Im konkreten Fall kamen noch ungünstige Begleitumstände wie schlechte Beleuchtung am Einsatzort hinzu. Außerdem wird geschildert, dass der Notarzt, der auch bei diesem Fall anwesend war, öfter auf eine schnelle Medikamentenvorbereitung drängt und es ihm nicht zügig genug voran geht. Gerade um Medikationsfehler wie im Fall dargestellt zu vermeiden, sollte und muss auch in der Notfallsitutation der Prozess der Medikamentengabe sorgfältig und unter mit entsprechender Kontrolle ablaufen (s. Checkliste). Das Aufbauen zusätzlicher Stressfaktoren (z. B. durch eine ungeduldige Anfordung) ist diesbezüglich kontraproduktiv und wird im Gegenteil nicht zu einer schnelleren Applikation des Medikaments führen (sofern diese überhaupt absolut zeitkritisch ist), sondern eher zu Medikationsfehlern und dadurch bedingten Verzögerungen.

Zur generellen Problematik "look-alike" sei auf die entsprechende Meldungen verwiesen.

Hinsichtlich des "ungeduldigen" Verhaltens des Notarztes sollte nach Möglichkeit das Gespräch mit dem Notarzt gesucht und er auf die sich daraus ergebende Problematik hingewiesen werden. Falls dies nicht zu einer Lösung führt, könnte diesbezüglich auch das Beschwerde-/Ereignismanagement der regionalen ÄLRD in Anspruch genommen werden.

 

Midazolam statt Metamizol

Meldung:
Der Notarzt ließ von der RTW-Besatzung mehrere Medikamente, unter anderem Piritramid und Metamizol, vorbereiten. Es wurde jedoch anstatt von Metamizol Midazolam aufgezogen. Da vor Applikation die verwendeten Ampullen vom Notarzt überprüft wurden, fiel die Verwechslung auf, bevor das Medikament verabreicht wurde.

Anmerkung:
Vom Melder wird noch auf folgende Aspekte hingewiesen:
Problem ist, dass die Wirkstoffe unbekannt und nur Handelsnamen bekannt sind. Dies entspricht aber nicht der DIVI Empfehlung (Anm.: s. auch Empfehlung Medikamentenaufkleber ÄLRD-Ausschuss.)
Die Ähnlichkeit der Namen verleitete dazu, das sehr oft benutzte Midazolam aufzuziehen. Die Indikation des Medikamentes wurde nicht hinterfragt. Häufig wird zur Schmerztherapie die Kombination Ketanest S und Midazolam verwendet. Deshalb wurde anstatt Metamizol Midazolam aufgezogen.
Diese Verwechselung geschah in einem 24 Stunden Dienst 3 mal durch unterschiedliche RTW Besatzungen! Unbedingt klare Kommunikation und immer Kontrolle der Ampullen (vier Augen Prinzip).

 

Rocuronium als Lösungsmittel?

Meldung:
Rocuronium wird im Ampullarium des Notfallrucksacks zwischen den Ampullen mit den Lösungsmitteln für ASS und Cortison aufbewahrt. Dies könnte im Einsatz zu Verwechslungen führen. Vom Melder wird noch darauf hingewiesen, dass nach wie vor die Ampullen wie beschrieben eingeordnet sind, obwohl mittlerweile diverse Medikamentenverwechslungen bekannt sind.

Hierzu ist eine weitere identische Meldung eingegangen. Der Melder schildert, dass durch Mitarbeiter auf diese Fehlerquelle aufmerksam gemacht wurde.
Bisher wurde jedoch das Ampullarium nicht neu geordnet, sondern das Zusammenbinden von Ampulle mit Lösungsmittel und aufzulösendem Medikament soll hier Abhilfe schaffen.

 

Missverständnis applizierte Menge an Fentanyl

Meldung:
Dem Notarzt wird von einem zufällig vor Ort anwesenden Kollegen eine 10 ml-Spritze mit 2 ml Fentanyl (0,1 mg) übergeben. Der Notarzt geht auf Grund der vom Patienten angegebenen starken Schmerzen davon aus, dass der Kollege die Spritze aus einer eigenen 2 ml-Fentanylampulle (mit 0,05 mg/ml) aufgezogen hatte und appliziert dem Patienten die 2 ml Fentanyl. Kurz danach wird der Patient zyanotisch und muss vorübergehend mit Maske/Beutel beatmet werden bis er wieder spontan atmet.

Im Nachhinein hatte sich ergeben, dass der Kollege mit der Formulierung „0,1 mg Fentanyl“ den restlichen Spritzeninhalt (von insgesamt 0,5 mg/10 ml) gemeint hatte, der Notarzt es dagegen für die Gesamtdosis der Spritze gehalten hatte. Somit hatte der Patient nicht wie vom Notarzt angenommen 0,1 mg Fentanyl, sondern insgesamt 0,5 mg erhalten.

Anmerkung:
Die (falsche) Annahme zur bereits verabreichten Analgetikadosis wird vor weiterer Gabe nicht verifiziert. Es wird vom Melder selbst angegeben, dass zwischen allen Beteiligten zu wenig kommuniziert bzw. nicht nachgefragt wurde. Auch waren die vorhandenen Medikamentenaufkleber nicht verwendet worden, auf denen die genaue Menge und Dosis angegeben ist.

 

Medikamentenverwechslung I

Meldung:
Im Rahmen der Versorgung eines Patienten weist der Notarzt die Vorbereitung eines Analgetikums sowie eines Antihistaminikums an. Ein RettAss übernimmt dies und reicht dem Notarzt die mit den angeforderten Medikamenten beschrifteten Spritzen sowie die Ampullen an. Daraufhin appliziert der Notarzt beide Medikamente.

Beim Auffüllen des Ampullariums nach dem Einsatz fiel auf, dass im Ampullarium eine Ampulle Metoprolol fehlte, das angeordnete Antihistaminikum jedoch vorhanden war. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass der Patient das falsche Medikament erhalten hatte.

Anmerkung:
Der Melder schildert, dass nach seinem Eindruck der Notarzt die Spritze/Ampulle nicht wirklich kontrolliert hat. Das „4-Augen-Prinzip“ sollte natürlich nicht nur pro forma erfolgen, sondern als tatsächliche Überprüfung des angereichten Medikaments.

 

Adrenalin intramuskulär

Meldung:
Für die intramuskuläre Adrenalingabe wird eine Spritze mit 1 mg Adrenalin aufgezogen. Der Notarzt verabreicht dem Patienten das Medikament und gibt dem RTW-Team die leere Spritze zurück. Dieses geht davon aus, dass der Notarzt die komplette Dosis Adrenalin (1mg) verabreicht hat.

Erst im Nachhinein wird klar, dass der Notarzt die Hälfte des Spritzeninhalts verworfen und somit nur 0,5 mg Adrenalin appliziert hat.

Anmerkung:
Neben der fehlenden Kommunikation über die tatsächlich verabreichte Menge bemängelt der Melder, dass es keinen Standard für die Vorbereitung von Adrenalin i.m. gibt und schlägt vor, dass zur Vermeidung von Dosierungsfehlern bei i.m.-Gabe nur die jeweilige Einmaldosis (hier Adrenalin 0,5 mg) in die Spritze aufgezogen werden sollte.

 

Medikamentenverwechslung II

Meldung:
Bei einer Reanimation werden gleich aussehende Spritzen (10 ml) mit Suprarenin und Fentanyl, die noch vor der Reanimation vorbereitet worden waren,  verwendet und mit Permanent Marker beschriftet. Bei der Wiederholungsdosis wird statt Suprarenin Fentanyl gegeben. Die Spritze wurde vor Verabreichung von RettAss und Notarzt geprüft, dennoch fällt der Fehler erst nach der Gabe auf. RettAss und Notarzt waren sich der Existenz einer ähnlichen Spritze im Arbeitsbereich nicht bewusst, da die Spritzen von einer dritten Person aufgezogen worden waren.

Anmerkung:
Der Melder weist darauf hin, dass handschriftlich gekennzeichnete Spritzen generell sehr ähnlich aussehen und das Risiko einer Verwechslung erhöhen. Es sollten daher unbedingt die verfügbaren Medikamentenaufkleber verwendet werden.

 

Anhang

 

partner links

logo arge komm ils

logo asb

logo bf-muenchen

logo bkg


logo johanniter

logo_adac



partner rechts

logo lpr

logo malteser

logo dlrg bayern










C17 Rettungshubschrauber Logo negativ 4C CMYK